05/2021 - Sozialmedizinische und soziale Betreuungsdienste

Zusammenfassung

Im Jahr 2019 zahlte das Land NÖ rund 75,4 Millionen Euro für sozialmedizinische und soziale Betreuungsdienste, damit pflege- und betreuungsbedürftige Personen möglichst lang zu Hause versorgt werden konnten. Diese leisteten dazu Kostenbeiträge von insgesamt 64,8 Millionen Euro.
Weitere 31,2 Millionen Euro steuerte der NÖ Gesundheits- und Sozialfonds aus Strukturmitteln bei, weil die Versorgung zu Hause die Landeskliniken entlastete. Mit der Vergütung für Hauskrankenpflege durch die Sozialversicherung betrug der Gesamtaufwand für sozialmedizinische und soziale Betreuungsdienste 173,6 Millionen Euro.
Das Land NÖ und die gepflegten oder betreuten Personen brachten somit 81,0 Prozent der Gesamtmittel auf, weitere 18,0 Prozent der NÖ Gesundheits- und Sozialfonds und ein Prozent die Sozialversicherung. Das Land NÖ trug mit einem Anteil von 43,4 Prozent den höchsten Finanzierungsanteil.

Soziale Entwicklungen erhöhten das Versorgungsrisiko

Der Versorgungsauftrag ergab sich aus dem NÖ Sozialhilfegesetz 2000 sowie aus der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über gemeinsame Maßnahmen für pflegebedürftige Personen. Demnach waren soziale Dienste in einem wirtschaftlich vertretbaren Ausmaß unter Bedachtnahme auf die regionalen Bedürfnisse, die Bevölkerungsstruktur, die anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Sozialplanung sicherzustellen.
Die NÖ Landesregierung zog dafür fünf Träger der freien Wohlfahrt heran und förderte diese Organisationen nach einem Normkostenmodell. Ihre sozialmedizinischen und sozialen Betreuungsdienste umfassten Pflege und Betreuung, Intensivbetreuung, medizinische Hauskrankenpflege, therapeutische Hilfen sowie Familienhilfe. Im Jahr 2018 kam die soziale Alltagsbegleitung hinzu, um pflegende Angehörige zu entlasten. Hilfe suchende Personen konnten zwischen den angebotenen Diensten wählen.
Im Jahr 2019 leisteten die Trägerorganisationen insgesamt 3.640.320 Einsatzstunden bei durchschnittlich 17.272 Personen pro Monat.
Im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 entfielen 47,0 Prozent aller Einsatzstunden auf das NÖ Hilfswerk, 22,8 Prozent auf die Volkshilfe NÖ, 18,1 Prozent auf die Caritas der Diözese St. Pölten, zehn Prozent auf die Caritas der Diözese Wien und 2,1 Prozent auf das Rote Kreuz - Landesverband NÖ.
Die Anzahl der Einsatzstunden erhöhte sich in diesem Zeitraum jährlich um 1,1 Prozentpunkte, wobei die durchschnittliche Anzahl der monatlich betreuten Personen um 2,0 Prozent anstieg. Diese Entwicklung erforderte jährlich um 3,6 Prozent mehr Mittel. Das bedeutete im Jahr 2019 Mehrkosten um 11,3 Prozent oder 17,60 Millionen Euro gegenüber dem Jahr 2016. Die Pflege und Betreuung durch soziale Dienste kostete jedoch weniger als eine stationäre Versorgung, aber mehr als eine 24-Stunden-Betreuung.


Gesundheits- und Krankenpflegepersonal dringend gesucht

Die Trägerorganisationen meldeten Engpässe beim Personal und folglich bei Pflege- und Betreuungszeiten. Sie bemühten sich um eine höhere Auslastung, weniger Fehlzeiten und eine geringere Fluktuation ihres vor allem teilzeitbeschäftigten Personals.
Der „Altersalmanach“ 2018 und andere Studien untersuchten die Auswirkung der gesellschaftlichen Veränderungen (Langlebigkeit der Bevölkerung, Wunsch, möglichst lange im eigenen Zuhause bleiben zu können, Zunahme an Einpersonenhaushalten und Frauenerwerbsarbeit, Altersstruktur des Pflegepersonals) auf die Nachfrage nach sozialmedizinischen und sozialen Betreuungsdiensten sowie nach qualifiziertem Pflegepersonal. Der Entfall des Pflegeregresses erhöhte die Nachfrage nach einer stationären Versorgung.
Diese Veränderungen betrafen sowohl den Gesundheits- als auch den Sozialbereich und verschärften den Bedarf an qualifiziertem Personal. Auch der NÖ Gesundheits- und Sozialfonds sah für die kommenden Jahre einen Zusatzbedarf an Pflegepersonal.
Die NÖ Landesregierung begegnete diesen Veränderungen unter anderem mit zusätzlichen Ausbildungsplätzen für Pflege- und Betreuungsberufe und einer neuen Fachrichtung „Sozialbetreuungsberufe im ländlichen Raum“ an drei Landwirtschaftlichen Fachschulen. Zudem hob sie die Förderung für die Einsatzstunden des Gesundheits- und Krankenpflegepersonals in den sozialmedizinischen und sozialen Betreuungsdiensten an, um eine Abwanderung des Personals in andere Bereiche oder Berufe hintanzuhalten.


Vernetzung der unterschiedlichen Planungen

Die sozialmedizinischen und sozialen Betreuungsdienste waren Gegenstand unterschiedlicher Planungen. Ein Bedarfs- und Entwicklungsplan im Sinne der Vereinbarung über gemeinsame Maßnahmen für pflegebedürftige Personen sowie eine Sozialplanung und ein Sozialprogramm, wie im NÖ Sozialhilfegesetz 2000 gefordert, bestand jedoch nicht.
Daher lag es nahe, die verschiedenen Planungen zu ergänzen und zu einer gesamthaften bedarfs- und fachgerechten Versorgungsplanung unter Berücksichtigung des Personalbedarfs und der regionalen Besonderheiten zusammenzuführen.
Auch die Mitfinanzierung aus NÖ Sozialhilfemitteln, NÖ Strukturmitteln und Vergütungen der Sozialversicherung sprach für eine abgestimmte Versorgungsplanung, um einen wirtschaftlichen und zweckmäßigen Mitteleinsatz der öffentlichen Hand zu gewährleisten.

Förderung auf bessere Grundlagen stellen

Die Abteilung Soziales und Generationenförderung GS5 wickelte sowohl die Förderung aus Sozialhilfemitteln als auch die Förderung aus Strukturmitteln des NÖ Gesundheits- und Sozialfonds ab. Für Letzteres fehlten ein schriftlicher Vertrag sowie eine Vergütung durch den Fonds.
Die Förderung knüpfte an den jährlichen Einsatzstunden an, die mit den vorgegebenen Berufsgruppen zu den vereinbarten Normkosten zu erbringen waren. Die Trägerorganisationen erhielten dazu Vorauszahlungen. Die dafür erforderlichen Beschlüsse der NÖ Landesregierung und der Gesundheitsplattform wurden teilweise erst nachträglich eingeholt. Die Abrechnung der erbrachten Leistungen sowie allfälliger Über- und Unterzahlungen erfolgte im Folgejahr. Die Übertragung von nicht verbrauchten Voranschlagsbeträgen in das Folgejahr widersprach den haushaltsrechtlichen Vorgaben.
Die Förderungen aus Sozialhilfe- und Strukturmitteln verteilten sich im Verhältnis der nachgewiesenen Einsatzstunden und der eingesetzten Berufsgruppen auf die Trägerorganisationen. Förderungsquoten waren nicht festgelegt. Die Qualität der Leistungen ergab sich vor allem aus dem Berufsgruppenmix und den berufsrechtlichen Vorschriften.
Die Anwendung eines Qualitätssystems schrieben die Richtlinien der NÖ Landesregierung nicht vor. Auch Regelungen für Kündigungen fehlten.
Der Förderungszweck und dessen Kontrolle beschränkten sich auf die Bereitstellung eines flächendeckenden Angebots sowie auf die Leistung der Einsatzstunden durch die jeweilige Berufsgruppe.

Hauskrankenpflege seit Jahren unterbezahlt

Die Sozialversicherung zahlte seit dem Jahr 2012 eine jährliche Vergütung für medizinische Hauskrankenpflege von rund 2,19 Millionen Euro. Diese Pauschalzahlung beruhte auf einer Vereinbarung mit den Trägern, deckte jedoch laut Fachabteilung nur ein Drittel der tatsächlichen Kosten. Demnach fehlten jährlich 4,28 Millionen Euro, die aus Sozialhilfemitteln, Strukturmitteln und anderen (privaten) Mitteln zu tragen waren. Eigentlich sollten das Land NÖ und der NÖ Gesundheits- und Sozialfonds ihre Förderungen um diesen Fehlbetrag solange kürzen, bis eine kostendeckende Vergütung der Hauskrankenpflege durch die Sozialversicherung erfolgt, wie im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz vorgesehen. Solange die Sozialversicherung ihrer gesetzlichen Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt, würde die Kürzung jedoch zu Lasten der Versorgung gehen.

Leistungen der Familienhilfe zusammenführen

Hilfen für Familien bestanden nebeneinander nach dem NÖ Familiengesetz, nach dem NÖ Kinder- und Jugendhilfegesetz und nach dem NÖ Sozialhilfegesetz 2000. Ihre Ausführung übernahmen die Trägerorganisationen für unterschiedliche Landesstellen. Eine klare Abgrenzung der verschiedenen Familienhilfen fehlte. Um Doppelgleisigkeiten und Überschneidungen auszuschließen, bot sich an, die Leistungen der Familienhilfe bei der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe GS6 zu bündeln.
Die NÖ Landesregierung sagte in ihrer Stellungnahme vom 13. April 2021 zu, die Empfehlungen des Landesrechnungshofs umzusetzen beziehungsweise zu berücksichtigen und informierte über die dazu geplanten beziehungsweise bereits gesetzten Maßnahmen.