05/2022 - Breitband Initiative für den Glasfaserausbau

Zusammenfassung

Das Land NÖ förderte den Breitbandausbau mit Glasfasertechnologie in ländlichen Gebieten, die der Markt wegen der hohen Investitionskosten und der geringen Nachfrage nicht ausbaute.
Ziel war, bis zum Jahr 2030 alle rund 800.000 Haushalte und Betriebe in Niederösterreich zu leistbaren Preisen nachhaltig mit ultraschnellem Breitband zu versorgen. Das umfasste einen flächendeckenden Ausbau der Glasfaserinfrastruktur und Investitionen von über einer Milliarde Euro. Diese bildete die Grundlage für Mobilfunk der 5. Generation, für Digitalisierung, Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit und damit für Wachstum, Beschäftigung sowie sozialen Zusammenhalt.

Modell Niederösterreich überwindet Marktversagen

In Städten und größeren Gemeinden erfolgte der Breitbandausbau mit Glasfasertechnologie durch private Unternehmungen. Das betraf rund 350.000 Haushalte und Betriebe.
Um auch die 450.000 Haushalte und Betriebe in kleineren Gemeinden und Randlagen mit Glasfaserinfrastruktur zu versorgen, entwickelten die Breitbandkoordination Niederösterreich und die ecoplus.Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH in den Jahren 2014 bis 2016 mit externer Unterstützung das „Modell Niederösterreich“. Die Umsetzung oblag der nöGIG GmbH, der NÖ Glasfaserinfrastrukturgesellschaft mbH, die dazu im Jahr 2014 gegründet worden war.

Europäischer Breitbandpreis 2016

Das Förderungsmodell wurde von der Europäischen Kommission genehmigt (notifiziert), in vier Pilotregionen erprobt und zum NÖ Investorenmodell weiterentwickelt. Die Förderungen des Landes NÖ ergänzten dabei die Programme der Europäischen Union und des Bundes für den Breitbandausbau und die Digitalisierung im ländlichen Raum. Im Jahr 2016 erhielt das „Modell Niederösterreich“ den Europäischen Breitbandpreis und war Vorbild für andere Breitbandförderungen.
Das Grundmodell bestand aus einem Drei-Ebenen-Modell mit offenem Netzzugang (Three-Layer Open Model), wobei die nöGIG GmbH die passive Glasfaserinfrastruktur errichtete und an einen aktiven neutralen Netzbetreiber verpachtete.
Der aktive neutrale Netzbetreiber betrieb und vermarktete das Glasfasernetz und musste dabei einen offenen Netzzugang gewährleisten. So konnten alle Anbieter von Internetdiensten das Netz zu den gleichen Bedingungen nutzen. Der Wettbewerb fand damit vor allem auf der Ebene der Diensteanbieter und Endkunden statt. Die Errichtungskosten der Glasfaserinfrastruktur sollten aus den Nutzungsentgelten refinanziert werden. Zudem war der Einstieg eines privaten Investors geplant.

Finanzbedarf von externen Experten anfänglich unterschätzt

Der nöGIG GmbH standen bis zum Einstieg des Investors Ende 2019 rund 142,09 Millionen Euro an Eigenkapital, Gesellschafterzuschüssen, Darlehen, Förderungen und Umsatzerlösen zur Verfügung. Davon entfielen 118,50 Millionen Euro auf die Entwicklung des „Modell Niederösterreich“, die landesweite Grobplanung und den Glasfaserausbau in den Pilotregionen für bis zu 40.000 Haushalte und Betriebe sowie 24,12 Millionen Euro auf die Reinvestition in den weiteren Ausbau und die teilweise Abdeckung des Betriebs. Während die Breitbandkoordination 105,00 Millionen Euro für den Ausbau in den Pilotregionen veranschlagte, ging eine erste externe Studie von nur 66,10 Millionen Euro aus.
Für den Einstieg eines privaten Investors wurde schrittweise eine eigene Gesellschaftsstruktur mit zwei getrennten Bereichen aus Breitband Holding GmbH (Land NÖ) und BN Infrastruktur GmbH (Investor, Land NÖ) geschaffen. Die nöGIG GmbH mit 30.567 Nutzungseinheiten aus den Pilotregionen wurde in die BN Infrastruktur GmbH eingegliedert. Außerdem erhielt die nöGIG GmbH (der Phase Eins) mit der nöGIG Phase Zwei GmbH eine Schwestergesellschaft.

Investitionen in den Glasfaserausbau als langfristige Anlage

Der private Investor ermöglichte bis 2023 ein Investitionsvolumen von 300,00 Millionen Euro und übernahm damit 74,9 Prozent an der BN Infrastruktur GmbH. Die restlichen Anteile von 25,1 Prozent behielt die Breitband Holding GmbH. Der Einstieg des Investors ermöglichte die Fertigstellung und die Vermarktung der Glasfaserinfrastruktur in den Pilotregionen (Phase Eins) sowie den Ausbau von weiteren 100.000 Glasfaseranschlüssen in nicht marktfähigen ländlichen Gebieten (Phase Zwei). Die Refinanzierung sollte weiterhin durch die Vermarktung der – mit Förderungen errichteten – Glasfaserinfrastruktur erfolgen. Diese waren nach 30 Jahren um einen symbolischen Euro an die Breitband Holding GmbH zurück zu verkaufen.
Die Gesellschaften waren durch ein umfangreiches Vertragswerk verbunden. Dieses schloss eine Haftung und Nachschusspflicht der Breitband Holding GmbH für Verbindlichkeiten der BN Infrastruktur GmbH aus. Demnach lag das Finanzierungsrisiko beim privaten Investor.
Das Entwicklungsrisiko blieb bei der Breitband Holding GmbH. Deren Tochtergesellschaft nöGIG Projektentwicklungs GmbH oblag die baureife Planung der Ausbaugebiete und der Teilprojekte mit jährlich rund 30.000 anschließbaren Haushalten oder Betrieben nach den vertraglichen Vorgaben. Die nöGIG Service GmbH hatte dafür das Personal zur Verfügung zu stellen.
Infolge der Covid-19-Maßnahmen wurde das Dreijahresziel von 100.000 anschlussfähigen Einheiten und damit die Finanzierung um ein Jahr auf das Jahr 2024 erstreckt.
Ende Dezember 2021 kam mit dem Investor neuerlich ein Vertrag für den Ausbau von weiteren 200.000 Glasfaseranschlüssen mit einem Volumen von bis zu 500,00 Millionen Euro bis zum Jahr 2030 zustande (Phase Drei).

Anschlussförderung für den Ausbau in Randlagen

Die vertraglichen Vorgaben schrieben durchschnittliche Baukosten für einen Glasfaseranschluss und Anschlussquoten vor. Um die Quote an verbindlichen Vorverträgen von 42,0 Prozent zu erfüllen, wurden Ausbaugebiete so verändert, dass die erforderliche Anzahl erreicht werden konnte. Mindestens 115.000 Haushalte und Betriebe in Randlagen mussten gesondert mit Glasfaseranschlüssen versorgt werden.
Die Änderung des NÖ Wirtschafts- und Tourismusfondsgesetzes vom 1. August 2020 ermöglichte es dem Fonds, die Gemeinden beim Ausbau dieser „weißen Flecken“ zu unterstützen und den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur in entlegenen Ortschaften zu fördern. Die Förderung bestand aus einem verlorenen Zuschuss und war an eine Bundesförderung gebunden. Der Fonds erhielt dafür 100,00 Millionen Euro (20,00 Millionen Euro jährlich) aus Landesmitteln und Bedarfszuweisungen der Gemeinden. Die Anschlussförderung sollte die Gemeinden bei den Baukosten unterstützen und den wirtschaftlichen Betrieb der Glasfaserinfrastruktur ermöglichen.
Außerdem ergänzten die NÖ Landes-Finanzsonderaktion „Arbeitsplatzmotor Gemeinden“ und regionale Ausbauprojekte das Investorenmodell.

Verhaltene Nachfrage bei Glasfaseranschlüssen

Österreich verfügte zum zweiten Quartal 2021 über rund 13,00 Millionen aktive Breitbandanschlüsse, wobei mobiles Breitband mit rund 10,4 Millionen Anschlüssen vorherrschte. Von den 2,6 Millionen Anschlüssen in Haushalten entfielen 2,44 Millionen Anschlüsse auf Kupfertechnologie und nur rund 160.000 Anschlüsse auf Glasfasertechnologie. Auch die neueren Breitbandtechnologien (Kupfer, Hybrid, Mobil) ermöglichten bis zu 150 Megabit Bandbreite.
In Niederösterreich wurden im Zeitraum Jänner 2015 bis März 2022 im Rahmen des NÖ Modells rund 67.500 Glasfaseranschlüsse errichtet beziehungsweise laut Stellungnahme der Breitbandholding GmbH vom 22. August 2022 entwickelt, davon entfielen 27.613 auf das Investorenmodell.
Die NÖ Landesregierung und die Breitband Holding GmbH sagten in ihren Stellungnahmen vom 31. und vom 22. August 2022 im Wesentlichen zu, die Empfehlungen des Landesrechnungshofs beziehungsweise die Umsetzung zu prüfen und informierte über die dazu geplanten beziehungsweise bereits gesetzten Maßnahmen.