Stellungnahme zum Entwurf des Rechnungsabschlusses 2020

Zusammenfassung

Der Landesrechnungshof hatte Stellung zu nehmen, ob der Entwurf des Rechnungsabschlusses 2020 im Einklang mit dem Voranschlag und dem Nachtragsvoranschlag sowie den diesbezüglichen Beschlüssen des NÖ Landtags erfolgte.
Für Voranschlag und Rechnungsabschluss galt erstmals die Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 – VRV 2015. Der Entwurf des Rechnungsabschlusses wies mit Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögenshaushalt bereits alle vorgeschriebenen Haushaltsrechnungen und Anlagen auf. Die Veranschlagung hatte nur zum Ergebnis- und Finanzierungshaushalt zu erfolgen. Daher konzentrierte sich die vorliegende Stellungnahme auf den Finanzierungshaushalt als führenden Haushalt und den Ergebnishaushalt. Zur Vermögensrechnung wurden der Vollständigkeit halber die Veränderungen im Finanzjahr 2020 auf Basis der noch nicht beschlossenen Eröffnungsbilanz 2020 dargestellt.

Vollständigkeit des Entwurfs zum Rechnungsabschluss 2020

Aufgrund der Überprüfung des Kassenabschlusses und der Geldbestände mit dem Ergebnis der Finanzierungsrechnung konnte von einer vollständigen wertmäßigen Erfassung der Gebarung und der daraus abzuleitenden Vollständigkeit des Rechnungsabschlusses 2020 ausgegangen werden.

Covid-19-Pandemie stoppte die Haushalts-Konsolidierung

Das Maastricht-Ergebnis gemäß Europäischem System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (ESVG) von minus 665,0 Millionen Euro fiel um 79,3 Millionen Euro besser aus als im Nachtragsvoranschlag ausgewiesen, verfehlte das im NÖ Budgetprogramm 2020 bis 2024 angepeilte Plus von 69,0 Millionen Euro jedoch um 734,0 Millionen Euro. Das Budgetprogramm enthielt allerdings nur die mit Mai 2020 prognostizierten Einnahmenausfälle ohne Zusatzausgaben.
Der Österreichische Stabilitätspakt 2012 hätte nur ein Maastricht-Ergebnis von minus 514,0 Millionen Euro zugelassen, galt jedoch als ausgesetzt, weil am 23. März 2020 die so genannte „Allgemeine Ausweichklausel“ des Stabilitäts- und Wachstumspakts der Europäischen Union aktiviert wurde. Diese Klausel erlaubte höhere Haushaltsdefizite und Schulden, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern.

Hoher Konsolidierungsbedarf und Schuldenstand durch negative Haushaltsergebnisse

Der Nettofinanzierungssaldo aus der operativen und der investiven Gebarung von minus 745,3 Millionen Euro lag um 101,9 Millionen Euro unter dem Nachtragsvoranschlag, der sogar ein Minus von 847,2 Millionen Euro zugelassen hatte. Der negative Saldo bedeutete, dass die operative Gebarung im Ausmaß von 293,6 Millionen Euro, die investive Gebarung mit 451,7 Millionen Euro und die Tilgungen von Schulden mit 596,4 Millionen Euro fremdfinanziert werden mussten, weil die eigenen Mittel nicht ausreichten.
Das Nettoergebnis nach Haushaltsrücklagen aus dem Ergebnishaushalt betrug minus 1.696,4 Millionen Euro und floss als Ausgleichsposten auf der Passivseite in die Vermögensrechnung ein. Das negative Nettoergebnis (Verlust) überstieg den Finanzierungsbedarf aus dem Finanzierungshaushalt.
Der öffentliche Schuldenstand gemäß Europäischem System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (ESVG) für Niederösterreich stieg laut Veröffentlichung der Statistik Austria vom 1. April 2021 im Finanzjahr 2020 um 578,0 Millionen Euro oder 6,7 Prozent auf 9.150,0 Millionen Euro.
Die Haftungen wiesen zum 31. Dezember 2020 einen Stand von 6.890,4 Millionen Euro auf, wovon 4.283,2 Millionen Euro auf die Haftungsobergrenze anzurechnen waren. Die Haftungsobergrenze wurde damit zu 75,4 Prozent ausgenutzt. Das waren um 1,9 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.
Die negativen Haushaltsergebnisse vor allem infolge der Covid-19-Pandemie erhöhten den Konsolidierungsbedarf und den Schuldenstand. Das erforderte eine Anpassung des NÖ Budgetprogramms und Maßnahmen, um nachhaltig stabile Finanzen durch über den Konjunkturzyklus ausgeglichene Haushalte und Überschüsse erreichen zu können. Dazu sollte über einen ausgeglichenen Nettofinanzierungssaldo ein weiteres Ansteigen der Finanzschulden und der Ausgleichsposten (negatives Nettovermögen) vermieden werden.
An der Konsolidierung waren auch die ausgegliederten Einheiten, wie Anstalten, Fonds, Unternehmungen und sonstige mit dem Land NÖ finanziell verbundene Einrichtungen, angemessen zu beteiligen.
Die noch guten Bonitätsbewertungen der Ratingagenturen erfolgten mit negativem Ausblick und forderten eine wirksame Konsolidierungsstrategie.