28. Dezember 2022
Im Hinblick auf haltlose Behauptungen und Unterstellungen in Interviews zu den Berichten über die Sonderprüfungen betreffend Inserate und Werbung von Unternehmungen des Landes NÖ mahnt der Landesrechnungshof zu Sachlichkeit und stellt klar:
Die Prüfaufträge an den Landesrechnungshof verlangen keine Darstellung der Zahlungen an „parteinahe Medien“.
Die Prüfaufträge an den Landesrechnungshof beschränken sich auf die Rechtsgeschäfte mit Zahlungen an juristische und natürliche Personen im Zusammenhang mit Inseraten und Werbung, Förderungen, Spenden, Sponsoring, Dienstleistungen im Beratungs-, Veranstaltungs- und Agenturwesen, Kooperationen sowie Mitgliedschaften in Vereinen. Dazu solle dargestellt werden, inwieweit die Zahlungen beziehungsweise die Vereinbarungen im Einklang mit oder aufgrund einer Kommunikationsstrategie der überprüften Gesellschaft erfolgten oder ob es sich um „ad hoc Rechtsgeschäfte“ handelte. Die Fragestellung in Bezug auf Inserate und Werbung laute für den Zeitraum von März 2017 bis zum Beginn der Prüfung im Mai 2022: „In welchen Print-, Online- und Rundfunkmedien wurden vom geprüften Unternehmen Inserate und Werbung geschaltet und wie hoch waren die jeweiligen Auftragswerte bzw. Kosten?“
Der Landesrechnungshof hat die Zahlungen an die einzelnen Medien/Mediengruppen aufgegliedert nach Print-, Online- und Rundfunkmedien dargestellt und beurteilt, ob die Zahlungen im Einklang mit der Kommunikationsstrategie und dem Unternehmensgegenstand standen oder ob es sich um „ad hoc“ Rechtsgeschäfte handelte. Die Überprüfung der Parteienfinanzierung war nicht verlangt und führt der Rechnungshof Österreich durch und obliegt nicht dem Landesrechnungshof, der seine Tätigkeit tunlichst mit diesem abzustimmen hat.
Die Landesrechnungshofberichte (Endberichte) enthalten alle Auftragswerte und Zahlungen für Inserate und Werbung, die auch im vorläufigen Überprüfungsergebnis (Rohberichte) enthalten sind.
Die Namen der Print-, Online- und Rundfunkmedien wurden mit zwei Ausnahmen bereits in den vertraulichen vorläufigen Überprüfungsergebnissen (Rohberichten) vorsorglich anonymisiert und waren in den Berichten an den NÖ Landtag nach den Regeln der NÖ Landesverfassung zu anonymisieren.
Die erste Ausnahme betraf die strategische Ausrichtung der Mediaplanung der NÖ Familienland GmbH auf die Niederösterreichteile von Tageszeitungen, Regionalmedien und Spezialmedien für Familien, Personen mit nicht deutschsprachigem Migrationshintergrund sowie türkischsprachige Personen. Im vorläufigen Überprüfungsergebnis wurden die Namen dieser Medien kursiv angeführt, damit die NÖ Landesregierung die diesbezügliche Empfehlung (Ergebnis 3) für eine Stellungnahme nachvollziehen kann. Die strategische Ausrichtung auf bestimmte Medien stellt ein Geschäftsgeheimnis dar, sowohl für die überprüfte NÖ Familienland GmbH als auch für die genannten Medien, die untereinander im Wettbewerb um Schaltungen von Inseraten und Werbung stehen. Daher durfte der Landesrechnungshof die Namen der Medien im Bericht an den Landtag nicht nennen.
Angaben über Auftragswerte waren dazu weder in der Mediaplanung der NÖ Familienland GmbH noch im vorläufigen Überprüfungsergebnis enthalten und konnten daher auch nicht verschwinden, wie in einem Presseinterview behauptet wurde.
Die zweite Ausnahme betraf das vorläufige Überprüfungsergebnis und den Bericht über die NÖ Landesgesundheitsagentur (NÖ LGA). In diesem Bericht an den NÖ Landtag wurde der Name des Kooperationspartners für eine Reportage im Magazin „Marktplatz Niederösterreich“ über das Healthacross - Gesundheitszentrum in Gmünd im Oktober 2021 anonymisiert. Der Name war im vorläufigen Überprüfungsergebnis enthalten, damit die NÖ Landesregierung die diesbezügliche Empfehlung für eine Stellungnahme nachvollziehen kann (Ergebnis 5). Der Auftragswert von 840,00 Euro ist im Bericht genauso wie im vorläufigen Überprüfungsergebnis enthalten und daher nicht verschwunden!
Abgesehen von diesen beiden, rechtlich gebotenen Ausnahmen, erfolgten keine nachträglichen Anonymisierungen der vorläufigen Überprüfungsergebnisse (Rohberichte) in den Berichten an den Landtag (Endberichte). Die Berichte an den Landtag enthalten insbesondere alle Auftragswerte und Zahlungen für Inserate und Werbung unverändert, die auch im vorläufigen Überprüfungsergebnis enthalten sind.
Die Aussage „Wir wissen, dass zwischen den Roh- und Endberichten jene Zahlungen verschwunden sind, die Zahlungsflüsse in ÖVP-Parteimedien nachgewiesen hätten.“ widerspricht den Fakten und entbehrt jeder sachlichen Grundlage.
Die NÖ Landesverfassung verpflichtet den Landesrechnungshof, bereits die Überprüfungen so durchzuführen, dass der Betrieb der überprüften Unternehmung oder sonstigen Einrichtung keine unnötige Behinderung erfährt und dass keine Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse verletzt werden. Auch Berichte an den Landtag dürfen Wirtschaftsgeheimnisse nicht „berühren“. Daher verfasst der Landesrechnungshof seit seinem Bestehen, also seit rund 25 Jahren, seine vorläufigen Überprüfungsergebnisse und seine Berichte grundsätzlich (abgesehen von Ausnahmen) so, dass diese keine Amts-, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse oder andere gesetzlich geschützte Daten (Bankgeheimnis, personenbezogene Daten) „berühren“ beziehungsweise „verletzen“.
Der Landesrechnungshof weist zudem die Aussage „Die Nichtnennung der Medien aus Datenschutzgründen ist nicht nachvollziehbar. Denn ab 5000 Euro müssen allen Inserate in die Datenbank der Regulierungsbehörde (RTR) eingemeldet werden.“ als unzutreffend entschieden zurück.
Denn das Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz (MedKF-TG) entbindet den Landesrechnungshof nicht von seiner Verpflichtung, Geschäftsgeheimnisse und geschützte Daten zu wahren, sondern schützt Daten, die nicht von der Bekanntgabeverpflichtung umfasst sind. Die Prüfaufträge und die Feststellungen des Landesrechnungshofs enthalten solche Daten und gehen über die Bekanntgabeverpflichtungen des MedKF-TG hinaus, sonst wären die Prüfaufträge, nebenbei bemerkt, unwirtschaftlich und unzweckmäßig.
Das betrifft zum Beispiel Informationen über die Anzahl der Inserate, Auflagenkontaktpreise, Auftragswerte/Zahlungen unter 5.000 Euro, Stelleninserate, nicht periodische Medien, die Darstellung einzelner Inserate (Stichproben), weiters Spenden, Sponsoring, Kooperationen, Dienstleistungen und Mitgliedschaften in Vereinen sowie Unternehmungen, die wegen des Beteiligungsausmaßes von 25 Prozent nur der Landesrechnungshofkontrolle unterliegen.
Diese Informationen kann nur der Landesrechnungshof und selbstverständlich nur im Rahmen der Bundes-Verfassung (Datenschutz) und der Landesverfassung dem Landtag liefern. Die Landesrechnungshofberichte bieten objektive Information (nicht Munition) und ermöglichen es dem NÖ Landtag damit, seine Budget- und Kontrollrechte gegenüber den überprüften Unternehmungen und Rechtsträgern auszuüben.
Diese bestehen nicht gegenüber Medien, für die keine Prüfungszuständigkeit des Landesrechnungshofs gegeben ist.
Rechtsgrundlagen
Die Verpflichtung des Landesrechnungshofs zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen findet sich in der NÖ Landesverfassung 1979 in Artikel 54 über die Überprüfungsbefugnisse in Absatz 5 und 6. Diese lauten:
(5) Dem Landesrechnungshof steht bei der Durchführung seiner Überprüfungstätigkeiten keine Einflußnahme auf die Verwaltung oder Führung der seiner Überprüfung unterliegenden Dienststellen, Unternehmungen oder sonstigen Einrichtungen zu.
Die Überprüfungen haben so zu erfolgen, daß die Amtstätigkeit oder der Betrieb der überprüften Dienststelle, Unternehmung oder sonstigen Einrichtung keine unnötige Behinderung erfährt und daß keine Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse verletzt werden.
(6) Die Überprüfungstätigkeiten des Landesrechnungshofes sind nach Möglichkeit mit denen des Rechnungshofes abzustimmen. Auf die Tätigkeiten anderer Kontrolleinrichtungen ist tunlichst Bedacht zu nehmen.