Wirken die Wochenend-, Feiertags- und Nachtfahrverbote?
Diese Frage untersuchten die Landesrechnungshöfe Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg in einer koordinierten Prüfung zur Vollziehung des Wochenend-, Feiertags- und Nachtfahrverbots der Straßenverkehrsordnung 1960.
Die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) sah einerseits Fahrverbote für den Güter- und Schwerverkehr an Samstagen von 15 bis 24 Uhr sowie an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 22 Uhr vor, um Staus und Verkehrslärm zu verhindern. Andererseits nahm die Straßenverkehrsordnung 1960 bestimmte Fahrten zur Versorgung mit wichtigen Gütern und Dienstleistungen sowie lärmarme Lastkraftfahrzeuge vom Nachfahrverbot aus und ließ unter bestimmten Voraussetzungen individuelle Ausnahmen mit Bewilligung der Behörden zu. Wegen der vielen gesetzlichen Ausnahmen fielen die behördlichen Ausnahmebewilligungen kaum mehr ins Gewicht.
Im Mittelpunkt der Überprüfungen standen die Erteilung dieser individuellen Ausnahmen sowie die bundesweite Fachanwendung „Wochenendfahrverbot“, die das Land Oberösterreich in einem Portalverbund betrieb. Mit der Fachanwendung konnten Ausnahmen zu den Fahrverboten elektronisch beantragt und die erteilten Bewilligungen elektronisch zugestellt und erfasst werden.
Fünf Landesrechnungshöfe empfahlen – unbeschadet ihrer landesspezifischen Feststellungen – die behördlichen Verfahren für Ausnahmebewilligungen im jeweiligen Bundesland an einer Stelle zu bündeln und die Fachanwendung zu modernisieren und dann besser zu nutzen. Die Umsetzung dieser Empfehlung wurde bereits in die Wege geleitet.
Wirkung der Fahrverbote auf das Verkehrsaufkommen
Die Verkehrsdaten an Zählstellen auf Autobahnen und Landstraßen zeigten während des Wochenend-, Feiertags- und Nachtfahrverbots ein geringeres Aufkommen an Güter- und Schwerverkehr.
Während des Wochenendfahrverbots nahm der Güter- und Schwerverkehr auf den Autobahnen und auf den Landstraßen unterschiedlich, jedenfalls jedoch stark ab. In Niederösterreich betrug der Rückgang an Wochenenden und Feiertagen zwischen 87 Prozent (Autobahnen) und 92 Prozent (Landstraßen), in Tirol zwischen um 88 und 60 Prozent und in Vorarlberg zwischen 90 und 85 Prozent.
Während des Nachtfahrverbots betrug der Rückgang 80 Prozent auf der Autobahn und 50 Prozent auf den Landstraßen (Tirol). Die Verkehrsberuhigung in den Nachtstunden ließ sich nicht auf das Fahrverbot zurückführen, weil zu 99 Prozent lärmarme Schwerfahrzeuge zugelassen waren, die nachts ohne Ausnahmebewilligung fahren durften. Der geringere Güter- und Schwerverkehr während des Nachtfahrverbots musste somit durch andere Faktoren bewirkt werden, wie Lenk- und Ruhezeiten, Betriebs- und Ladezeiten, höhere Mautgebühren oder Fahrverbote nach dem Immissionschutzgesetz-Luft (IG-L).
Zuständigkeiten für Ausnahmebewilligungen bündeln und optimieren
Die Erteilung von Ausnahmebewilligungen vom Wochenend-, Feiertags- und Nachtfahrverbot oblag den zuständigen Abteilungen des Amtes der Landesregierung, sofern die Fahrt mehrere politische Bezirke oder Bundesländer durchquerte. Ausnahmebewilligungen für Fahrten in einem Bezirk fielen in die Zuständigkeit der betreffenden Bezirkshauptmannschaft.
In den Ländern Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg fielen zwischen 88 und 96 Prozent aller Verfahren auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung auf die zuständige Abteilung beim jeweiligen Amt der Landesregierung. In Niederösterreich betrug der Anteil über 89 Prozent (Tirol 88 Prozent, Vorarlberg 91 Prozent, Oberösterreich über 93 Prozent und Salzburg 96 Prozent). Die Bezirkshauptmannschaften wickelten die wenigen Fahrten innerhalb eines Bezirks ab. Wegen der geringen Fallzahlen sollten die Zusammenarbeit der Behörden verstärkt und die Verfahren für Ausnahmebewilligungen beim Amt der Landesregierung oder bei einer Bezirkshauptmannschaft zusammengeführt werden.
Außerdem sollte die Vollziehung der Ausnahmen vom Wochenend-, Feiertags- und Nachtfahrverbot vereinfacht werden, beispielsweise durch einheitliche und verbesserte Antragsformulare sowie durch Vorlagen für Bescheide, Berechnungen und Vorschreibungen von Gebühren. Dabei wäre auch der Bundesgesetzgeber gefragt, die formale Parteistellung des Straßenerhalters in den Verfahren aufzuheben.
Neukonzeption der bundesweiten Fachanwendung „Wochenendfahrverbot“
Die Fachanwendung „Wochenendfahrverbot“ war vom Land Oberösterreich im Jahr 2003 entwickelt und den anderen Ländern gebührenfrei zur Verfügung gestellt worden. Eine Betriebsvereinbarung zwischen den Anwendern und dem Betreiber (Land Oberösterreich) bestand nicht. Die elektronische Antragstellung über das Portal der Fachanwendung erleichterte die Bearbeitung, zum Beispiel wurden Anträge mit freien Pflichtfeldern nicht angenommen. Nicht alle Bundesländer nutzten die elektronischen Prozesse vollumfänglich; in Oberösterreich wurden die verfahrenseinleitenden Anträge ausschließlich elektronisch gestellt.
Eine durchgehende Bearbeitung war nicht möglich, vor allem, weil Schnittstellen fehlten. Die Behörden erstellten die Ausnahmebewilligungen daher außerhalb der Anwendung. Im Jahr 2020 entsprach die Fachanwendung zudem nicht mehr allen rechtlichen Anforderungen und technischen Möglichkeiten. Daher sollten die Länder und der Bund die finanziellen, organisatorischen, rechtlichen und technischen Voraussetzungen für eine wirtschaftliche und zweckmäßige Neukonzeption der Fachanwendung gemeinsam klären und umsetzen.