Schlussstrich unter die Sonderprüfungen

Keine ergänzenden Sonderprüfungen zum Prüfauftrag vom 18. Jänner 2023

Mit der Beschlussfassung des Landtags am 23. November 2023 zieht der Landesrechnungshof einen Schlussstrich unter die Berichte über die Sonderprüfungen bei der EVN AG sowie deren Tochtergesellschaften, der NÖ.Regional.GmbH, der NÖ Energie- und Umweltagentur GmbH, der Niederösterreichischen Verkehrsorganisationsges.m.b.H, der ecoplus.Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH, der Natur im Garten GmbH, der Natur im Garten Service GmbH und der DIE GARTEN TULLN GmbH sowie der HYPO NOE Landesbank für Niederösterreich und Wien AG. Die Sonderprüfungen waren am 28. April 2022 von 26 Landtagsabgeordneten beauftragt worden.

Die Berichte enthalten Informationen, die nur der Landesrechnungshof bieten kann

Die sieben Berichte über die Sonderprüfungen informieren über die Höhe der Aufwendungen für Inserate und Werbung, Förderungen, Spenden, Sponsoring, Kooperationen, Vereinbarungen über Dienstleistungen im Beratungs-, Veranstaltungs- und Agenturwesen sowie über Mitgliedschaften in Vereinen. Zudem informieren die Berichte über die Verteilung dieser Aufwendungen auf die Medienarten beziehungsweise verschiedenen Formate eines Mediums (Print, Online, Rundfunk) sowie auf Geschäftsfelder und andere strategische Schwerpunkte. Daraus ist ersichtlich, ob sich die Aufwendungen auf mehrere verschiedene Medien oder Mediengruppen verteilten oder nur auf einige wenige konzentrierten. Zudem beantworten die Berichte die zentrale Frage der Prüfaufträge, inwieweit die Aufwendungen im Einklang mit einer Kommunikationsstrategie der überprüften Unternehmungen standen, oder ob es sich um „Ad-hoc-Rechtsgeschäfte“ handelte.

41 Empfehlungen und zahlreiche Hinweise für Verbesserungen

Die sieben Berichte enthalten 41 Empfehlungen und zahlreiche Hinweise für Verbesserungen. Das betraf im Bereich der Finanzverwaltung des Landes die Herausgabe eines neuen Handbuchs für das Beteiligungsmanagement des Landes. Weitere Empfehlungen betreffen die Kommunikations- und Marketingkonzepte sowie die Planung und Steuerung von Kommunikations- und Marketingmaßnahmen. Diese sollten Zielwerte für die Leistungen und die damit angestrebten Wirkungen sowie Indikatoren und Kennzahlen zur Erfolgsmessung enthalten; Zahlungen an wahlwerbende Parteien sowie parteinahe Organisationen, Behörden oder Rechtsträger von Behörden und parlamentarische Klubs jedoch grundsätzlich ausschließen. Die überprüften Unternehmungen sagten die Umsetzung dieser sowie weiterer Empfehlungen zur Verbesserung der Dokumentation und der Rechnungsprüfung zu. So sollten Auftragsvergaben nachvollziehbar dokumentiert und nach vereinbarungsgemäß erbrachter Leistung abgerechnet werden, wobei nicht erfüllte Leistungsmerkmale zu berücksichtigen wären.

Abschluss der Berichterstattung zu den fünf Prüfaufträgen vom 28. April 2022

Die fünf Prüfaufträge vom 28. April 2022 umfassten die HYPO NOE Landesbank für Niederösterreich und Wien AG, die ecoplus.Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH, die EVN AG sowie deren Tochtergesellschaften, die NÖ Landesgesundheitsagentur sowie unter einem Prüfauftrag die NÖ Energie- und Umweltagentur GmbH, die NÖ Famlienland GmbH, die Radland GmbH, die Niederösterreichische Verkehrsorganisationsges.m.b.H, die Natur im Garten GmbH, die Natur im Garten Service GmbH und DIE GARTEN TULLN GmbH sowie die NÖ.Regional.GmbH.
Die ersten drei Berichte zu diesen Prüfaufträgen betrafen die NÖ Famlienland GmbH, die Radland GmbH und die NÖ Landesgesundheitsagentur und wurden bereits am 15. Dezember 2022 im Landtag debattiert und verabschiedet. Somit hat der Landesrechnungshof insgesamt zehn Berichte mit 56 Empfehlungen und weiteren Hinweisen für Verbesserungen vorgelegt.
Die überprüften Unternehmungen sagten deren Umsetzung zu. Damit sollte es gelingen, die Wirtschaftlichkeit und die Zweckmäßigkeit von Inseraten und Werbung, Förderungen, Sponsoring, Kooperationen und Dienstleistungen um fünf bis zehn Prozent beziehungsweise um insgesamt eine Million Euro jährlich (bezogen auf die Aufwendungen für Inserate und Werbung, Förderungen, Spenden, Sponsoring, Kooperationen, Vereinbarungen über Dienstleistungen im Beratungs-, Veranstaltungs- und Agenturwesen sowie über Mitgliedschaften in Vereinen der zwölf überprüften Unternehmungen) zu optimieren.
Der Landesrechnungshof schließt damit die Berichterstattung zu den fünf Prüfaufträgen vom 28. April 2022 ab.

Keine Sonderprüfungen zum ergänzenden Prüfauftrag vom 18. Jänner 2023

Der ergänzende Prüfauftrag vom 18. Jänner 2023 erwies sich als verfassungswidrig und damit als rechtsunwirksam. Denn eine namentliche Berichterstattung über Inhalte, Auftragswerte, Kosten und Zwecke einzelner Inserate und Werbung sowie einzelner Förderungen, Spenden, Sponsoring, Kooperationen und Dienstleistungen sieht die NÖ Landesverfassung 1979 nicht vor und würde Grundrechte (Datenschutz, Erwerbsfreiheit, Achtung des Privat- und Familienlebens) verletzen.
Daher hat der Landesrechnungshof dem Rechnungshof-Ausschuss mitgeteilt, dass dem Prüfauftrag keine Rechtswirksamkeit zukommt. Seine Mitteilung stützt sich auf Lehre und Rechtsprechung sowie auf ein Rechtsgutachten von Univ. Prof. Dr. Andreas Janko, Vizerektor der Johannes Kepler Universität Linz, der auch den Festvortrag anlässlich 25 Jahre Landesrechnungshof Niederösterreich am 14. November 2023 gehalten hat.

Prüfaufträge sind keine Normen und unterliegen keinem Fehlerkalkül

Die NÖ Landesverfassung 1979 bestimmt, dass der Landesrechnungshof so zu prüfen hat, dass der Betrieb der überprüften Unternehmungen nicht unnötig behindert und kein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis verletzt wird. Zudem hat er vorläufige Überprüfungsergebnisse zu erstellen, dazu Stellungnahmen einzuholen und damit Berichte über die (endgültigen) Ergebnisse zu verfassen. Die Berichte sind dem Landtag (Rechnungshof-Ausschuss), der Landesregierung und der überprüften Unternehmung mitzuteilen.
Eine namentliche Mitteilung der erhobenen und überprüften Daten sieht die NÖ Landesverfassung 1979 nicht vor, auch nicht als „vertrauliche Zusatzberichte“. Letztere sind vorgesehen, falls und soweit ein „Bericht“ Amts-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse „berührt“. Das ist in der Regel nicht der Fall, weil Anonymisierungen und andere anerkannte Methoden (Durchschnittwerte, Bandbreiten, Mediane, Pseudonymisierungen) dafür sorgen, dass die (vorläufigen) Ergebnisse der Überprüfungen keine geheim zu haltenden Daten enthalten, die ein daraus erstellter Bericht berühren oder gar verletzen könnte.
Im Unterschied zu den Prüfaufträgen vom 28. April 2022 lässt der Wortlaut der Fragestellungen im Prüfauftrag vom 18. Jänner 2023 „im Bericht namentlich zu nennenden“ oder „die jeweiligen Auftragswerte bzw. Kosten für die einzelnen Inserate und Werbemaßnahmen“ keinen Freiraum für eine rechtskonforme Auslegung und damit keine Beantwortung zu.
Da Prüfaufträge weder Weisungs-, Bescheid- noch Verordnungsqualität besitzen und keine Normen im Sinn des verfassungsgesetzlichen Rechtsquellenkatalogs sind, unterliegen sie nach dem Grundsatz der Geschlossenheit des Rechtsquellenkatalogs keinem Fehlerkalkül. Daher entfalten fehlerhafte Prüfaufträge keine Rechtswirkung gegenüber dem Landesrechnungshof und sind absolut nichtig (so Hengstschläger, Der Rechnungshof [1982], 61, derselbe, Rechnungshofkontrolle [2000], Art 126b Rz 1; Kroneder-Partisch in Korinek/Holoubek B-VG Art 126 b Rz 48; Baumgartner in Rill/Schäffer, Kommentar Art 126 b Rz 26).
Da der Prüfauftrag vom 18. Jänner 2023 von der NÖ Landesverfassung 1979 nicht gedeckt wird, aufgrund des Wortlauts keine rechtskonforme Auslegung zulässt und keinem Fehlerkalkül unterliegt, vermag er keine Rechtswirksamkeit zu entfalten. Der Landesrechnungshof hatte – nach eigener und herrschender Auffassung – jedoch den Landtag darüber zu informieren.

Mitteilung an den Rechnungshof-Ausschuss vom 21. November 2023 samt Anhang (Rechtsgutachtliche Stellungnahme zur Vereinbarkeit eines dem Landesrechnungshof Niederösterreich am 18.1.2023 erteilten Prüfauftrags mit Art. 51 Abs. 3 lit. c NÖ LV 1979)

Mitteilung an den Rechnungshof-Ausschuss vom 21.11.2023
Stellungnahme Universitätsprofessor Janko